Gekommen um zu bleiben

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Die Integration von Geflüchteten in die Unternehmen der Region beschäftigt viele Unternehmer seit ein paar Jahren. Dass die Integration gelingen kann, zeigt das Beispiel von Kadr Mafalani.

Der 22-Jährige absolviert jetzt schon im zweiten Jahr seine Ausbildung zum Mechatroniker bei dem Schweriner Unternehmen Schoeller Allibert GmbH. Vor 2 Jahren entschloss er sich zu dieser Ausbildung, einer Kombination aus Mechaniker und Elektriker. Interesse dafür hatte er über einen Freund entwickelt. Er verbesserte seine Deutschkenntnisse und bewarb sich initiativ. Sein Mut wurde belohnt, er wurde direkt zum Gespräch eingeladen. Schon beim ersten Gespräch im Unternehmen überzeugte er die zuständige Personalmitarbeiterin und seinen zukünftigen Ausbilder durch seine Motivation. „Im Rahmen eines Berufsorientierungspraktikums konnten wir erkennen, dass Kadr gute handwerkliche Fähigkeiten hat und den Ausbildungsberuf unbedingt erlernen möchte. Aus diesem Grund entschieden wir uns für eine Einstiegsqualifizierung im Ausbildungsberuf Mechatroniker“ erfahren wir von Kadrs Ausbilder, Rico Fesser. Ziel einer Einstiegsqualifizierung ist es, dass sowohl der Praktikumsbetrieb als auch der Praktikant während einem einjährigen Praktikum feststellen kann, ob die Anforderungen an den Ausbildungsberuf erfüllt werden können. Wenn dieses Praktikum dann erfolgreich durchgeführt wird, kann auch die Ausbildung nahtlos im 2. Ausbildungsjahr weiter fortgesetzt werden, vorausgesetzt das 1. Ausbildungsjahr wird im Praktikum vermittelt. Und dies war bei Kadr der Fall. Schoeller Allibert hat von Beginn an Kadr analog dem 1. Ausbildungsjahr im Ausbildungsberuf Mechatroniker im Rahmen des Praktikums ausgebildet.

 

„Diese Entscheidung ist vor der Zusage zur Einstiegsqualifizierung gefallen“, so Petra Unnasch von der Personalabteilung. „Wir wollten Kadr von Anfang an die Möglichkeit geben, die Ausbildung in regulärer Zeit zu schaffen.“ Das bestätigte auch Rico Fesser, sein Ausbilder. Und Kadr hat Schoeller Allibert überzeugt. Das Praktikum hat Kadr so gut abgeschlossen, dass das Unternehmen Kadr nach dem Praktikum direkt ins zweite Ausbildungsjahr übernahm. „Seine Leidenschaft für den Beruf und auch seine schnellen Fortschritte mit der deutschen Sprache haben von Anfang an sofort geholfen“, wird uns berichtet.

Rico Fesser hat nur lobende Worte für ihn übrig. „Seine Zuverlässigkeit und dass er für den Job brennt, das imponiert uns und ist so viel mehr wert als gute Noten. Er weiß, was er will und dafür arbeitet er. Auch bei seinen Kollegen kommt sein Engagement und sein ruhiges Wesen sehr gut an.“ Kadr weiß, dass seine bestandene Abschlussprüfung die Übernahme nach der Ausbildung bedeutet. Damit der Übergang fließend ist, sind die Lehrlinge von Beginn an in die Arbeitsabläufe im Unternehmen eingebunden. „Das klappt prima, ist total spannend und auch der Unterricht in der Berufsschule läuft gut.“, so Kadr. Er wirkt sehr glücklich über die Chance und seine Wahl. „Ich bin bereit, mich zu engagieren und viel zu investieren, damit ich das Vertrauen, dass ich hier bekomme, zurückgeben und bestätigen kann.“ Neben seiner Ausbildung geht er noch einmal in der Woche zur Nachhilfe beim Bildungswerk UFAT, um die Berufsschulinhalte weiter zu vertiefen.

Von nichts kommt eben nichts, auch wenn Theorie allein nicht reicht. Das aktive Sprechen hilft ihm und weil er im Kollegium voll integriert ist, hat er dazu auch reichlich Gelegenheiten.

Kadr kommt aus Syrien und ist seit 5 Jahren in Deutschland. Was er hier am meisten schätzt, fragen wir ihn. „Vor allem, dass ich hier frei entscheiden kann über mein Leben, beruflich und privat.“, antwortet er. Schwerin gefällt ihm gut, er findet die überschaubare Größe sehr attraktiv, München oder Berlin seien ihm viel zu groß. Auch das beschauliche Thüringen, wo einer seiner Brüder lebt, kann ihn nicht begeistern. Er fühlt sich wohl hier und sieht sich auch in 5 Jahren in der Region, mit festem Job, eigener Familie und einem Auto. An einige Sachen musste sich Kadr hier erst gewöhnen und tut es noch, zum Beispiel an das Essen oder das Wetter. An einer Erkältung kommt er nicht immer unbeschadet vorbei. „Auch die Mentalität der Menschen ist neu für mich, Anschluss finden ist gar nicht so einfach.“, gesteht uns der junge Mann, der sehr aufgeschlossenen ist.

 

Etwas traurig wird Kadr, als wir ihn nach seinen Eltern fragen. Sie leben jetzt in Jordanien, sein persönlicher Besuch dort ist wegen Einreisebeschränkungen für Syrer nicht möglich. Seine Eltern dürfen ihn andersherum hier auch nicht ohne weiteres besuchen. „Aber ich habe fast täglich Kontakt zu ihnen und das ist für beide Seiten sehr wichtig.“ Kadr ist ein tolles Beispiel, dass Integration gut funktionieren kann. Er ist als Auszubildender gut bei seinem Arbeitgeber Schoeller Allibert GmbH angekommen und vollkommen integriert und akzeptiert –  gekommen, um zu bleiben also. Und witzig ist er auch noch: „Ich weiß gar nicht, warum sich viele so schwer tun. Deutsch ist doch ganz einfach!“


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